Es ist nahezu unmöglich, im Musikverein, im Orchester oder in einer Big Band einen homogen und schön klingenden Saxophonsatz zu erhalten, solange jeder einzelne Spieler mit seinem eigenen Saxophonsound "zu kämpfen" hat. Deshalb ist es unerlässlich, dass sich jeder Saxophonist um einen möglichst schönen Klang bemüht.
Bei meinen Workshops und Seminaren begegnen mir immer wieder Saxophonisten, die einen gepressten, verspannten oder "quäkigen" Sound haben. Der Fehler liegt dabei womöglich an einem verspannten Hals, oder sie drücken zu stark mit den Lippen oder dem gesamten Kiefer. Bei genauerer Betrachtung lässt allerdings meistens feststellen, dass das eigentliche Problem in der Atmung liegt.
Es fehlt meistens das nötige Atemvolumen bei der Einatmung und der nötige Druck bei der Ausatmung (manche Bläser sprechen hier von "Stütze") Diese fehlende "Power" wird versucht, mit einem stärkeren Druck, zum Beispiel an Lippen, Kiefer oder Hals auszugleichen, was zu einem verspannten und verkrampften Spiel führt.
Beim Einatmen ist die Lunge in der Lage, sich in verschiedene Richtungen auszudehnen. So kann sie sich nach unten hin ausdehnen, wobei sie den Bauch nach außen drückt und wir von einer Bauchatmung sprechen. Die Lunge kann sich aber auch nach vorne ausdehnen, der Brustkorb wird größer und wir sprechen von einer Brustatmung. Für das Saxophonspiel ist es wichtig, dass wir möglichst tief einatmen und den Atemraum vollständig ausnutzen, also sowohl in den Bauch als auch in den Brustkorb einatmen. Die meisten Menschen haben diese "volle Atmung", die eigentlich die natürliche Atmung ist, leider verlernt und atmen nur noch "flach" in den Brustkorb. Dies ist ein fataler Fehler, denn gerade nach unten hin, also bei der Bauchatmung, haben wir den größeren Atemraum, den wir bei der flachen Atmung leider verschenken. Dies lässt sich ganz schön mit dem Bild einer Birne veranschaulichen. Stellen wir uns vor, wir möchten eine Birne essen, schneiden den großen unteren Teil der Birne weg und verspeisen nur den kleinen Kopf.
Diese Übung ist eigentlich sehr leicht zu erlernen und kann dir ein anschauliches Bild deiner eigenen Bauchatmung geben. Du legst dich mit dem Rücken auf eine angenehme, aber nicht zu weiche Unterlage - also ein Teppich, eine Decke oder eine Yogamatte wäre perfekt, ein Bett wäre schon zu weich. Nun atmest du einige Male ganz normal ein und aus. Lege dir dann einige große und schwere Bücher, Aktenordner oder Ähnliches auf den Bauch und beobachte deine Ein- und Ausatmung. Wenn du richtig atmest, sollten die Bücher beim Einatmen hoch in die Luft gedrückt werden, weil der Bauch sich mit Luft füllt und die Bücher nach oben drückt. Beim Ausatmen sollten die Bücher wieder runterkommen, weil der Bauch ganz leer wird.
Auch die zweite Übung ist ganz leicht zu praktizieren und gibt uns ein gutes Gefühl für die Einatmung, denn wir können mit dieser Übung sehr gut spüren, wie die Luft in den Körper strömt. Atme einige Male ganz ruhig durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Halte dir nun mit dem Zeigefinger ein Nasenloch zu und beobachte dabei, wie die Luft in den Körper hineinströmt.
Die dritte Übung können wir im Stehen praktizieren. Wer Probleme mit seinem Rücken oder den Bandscheiben hat, oder wem leicht schwindelig wird, sollte sich vorher überlegen, ob er diese Übung mitmachen kann.
Deine beiden Füße stehen parallel zueinander, ungefähr auf Schulterbreite und deine Knie sind ein wenig eingedrückt. Bei Sportlern ist diese Position als "leichter Seitengrätschstand" bekannt. Nun gehst du mit dem Oberkörper langsam nach unten. Achte dabei darauf, dass der Kopf ganz entspannt nach unten hängt und auch die Schultern ganz locker sind. Während du mit dem Oberkörper runter gehst, solltest du ganz normal weiteratmen, also nicht mit der Atmung aussetzen. Gehe soweit runter, wie es für dich angenehm ist: wenn du dabei mit deinen Händen die Füße berührst, ist das okay, wenn du nicht bis zu den Füßen kommst, ist das auch in Ordnung.
Nun atmest du ganz langsam, ruhig und tief ein und aus. In dieser Stellung müsstest du beim Einatmen sehr genau nachspüren können, wie sich der Bauch in das Becken drückt. Beobachte einige Male deine Atmung. Nun gehst du ganz langsam wieder nach oben und achte beim Hochkommen darauf, dass du genauso entspannt weiteratmest.
Ich empfehle jedem Saxophonisten, sich täglich auch mit einer dieser Atemübungen zu beschäftigen um das eigene Atemvolumen zu vergrößern. Zum Beispiel könntest du dein tägliches Übeprogramm mit einer Atemübung beginnen, denn diese Übungen helfen dir auch, ein bisschen zur Ruhe zu kommen, den Alltag hinter dir zu lassen und dich so ganz auf dein Saxophonspiel einzustimmen.
Herzlichst, euer