Intonation für Saxophonisten

"Spreu vom Weizen" - Klang und Sound beim Saxophon

Willkommen zu unserem Workshop für Saxophon und Saxophonensemble. Ich möchte mich in diesem Artikel mit einem ganz wichtigen Thema befassen, das sowohl den persönlichen Saxophonsound, als auch den Klang eines Saxophonsatzes innerhalb eines Blasorchesters oder auch einer Big Band erheblich verbessern kann: die Intonation oder wie es so schön "neudeutsch" heißt, das richtige Tuning.Leider wird dieses Thema im Saxophonunterricht oder auch in manchen Orchestern viel zu wenig angesprochen und vielleicht hat der eine oder andere Saxophonist das Gefühl, sein Klang ist nicht optimal; aber oft ist dies keine Frage des Sounds, sondern das Saxophon ist einfach nicht richtig gestimmt. Nicht umsonst haben wir in der englischen Sprache nicht die Bezeichnung, ein Ton ist "zu hoch" oder "zu tief", sondern man sagt, das Saxophon ist "flat" (flach) oder "sharp" (scharf, spitz), was ja eindeutig Bezeichnungen aus dem Bereich des Klanges sind.Ganz extrem wird dies natürlich in einem Ensemble oder Saxophonsatz: wenn womöglich das eine Saxophon "flat" und das andere "sharp" klingt, dann kann das natürlich keinen schönen und stimmigen Zusammenklang ergeben und hier trennt sich dann wirklich die Spreu vom Weizen, wenn es um den schönen und homogenen Klang eines Orchesters geht.

Fakten für Saxophonisten

Aber kommen wir erst einmal zu einigen Besonderheiten mit denen sich Saxophonisten täglich "herumschlagen" müssen:Kein Saxophon stimmt hundertprozentig, dies ist bautechnisch (bisher) einfach nicht machbar. Es gibt bei jedem Saxophon, egal welcher Marke und egal welcher Preisklasse einzelne Töne, die womöglich ein klein wenig zu hoch oder zu tief sind, oder ganze Lagen, die insgesamt eher etwas hoch oder tief intonieren.Dieses bautechnische Problem hat sich in den letzten ca 20, 30 Jahren erheblich verbessert. Die Saxophonhersteller waren und sind ernsthaft bemüht, akzeptabel intonierende Saxophone anzubieten und dies auch schon im Einsteiger- und Schülerbereich (wenn man von den oft minderwertigen Billigangeboten in manchen Internetportalen oder inzwischen sogar mancher Ramschdiscounter einmal absieht).

Intonationsschwächen Saxophon

Der Saxophonist ist also immer gezwungen, kleine Intonationsschwächen seines Instruments mit dem Ansatz auszugleichen. Ich möchte hier einmal einige typischen Problemtöne und -bereiche aufzeigen:

  1. Das E in der zweiten Oktave (manchmal auch das F) ist bei vielen Saxophonen zu hoch.
  2. Das darunter liegende Cis ist zuweilen zu tief.
  3. Das komplette hohe Register ist oft zu hoch, (ab ca A2; besonders ab D3)das komplette tiefe Register (ab D1) ist oft zu tief

Aus dieser Auflistung erklärt sich auch ein typischer und fataler Fehler: manche Saxophonisten hören beim Spiel in der unteren Lage: "oh, mein Saxophon ist zu tief", stimmen es dann mit dem Mundstück insgesamt höher ein und merken dann womöglich beim nächsten Song, dass Sie in der oberen Lage jetzt viel zu hoch sind.Es wäre aber jetzt gefährlich, alle Intonationsschwächen auf das geliebte Instrument zu schieben. Viele Probleme sind "hausgemacht". Wenn zum Beispiel die Atmung nicht genügend ausgebildet ist und die notwendige "Zwerchfellstütze" fehlt, führt dies im hohen Register häufig dazu, dass man mit den Lippen und mit dem Unterkiefer zu feste drückt und schon ist die Intonation zu hoch. Wir sehen, die Intonation hat also auch mit einer guten Atmung und einem kontrollierten Ansatz zu tun.Einfache Faustregel: drücken wir stärker mit den Lippen (und dem Unterkiefer), wird der Ton höher, lassen wir die Lippen locker, wird Intonation tiefer.

Intonationsübungen Saxophon

Eine saubere Intonation ist immer auch eine Frage des Hörens. Wer sich selbst beim Spielen genau zuhört und dabei auf sein "Tuning" achtet, der wird seine eigenen Ungenauigkeiten immer besser bemerken und mit einiger Übung irgendwann automatisch korrigieren. Das genaue Zuhören ist dann auch die beste Kontrolle bei den folgenden Intonationsübungen. Man spielt hier Tonfolgen, die man mit dem Gehör sehr gut nachvollziehen kann, zum Beispiel Quarten ("tatü tata"), Quinten, Oktaven oder Dreiklänge (Akkorde). Diese Tonfolgen kann man mit dem Gehör gut mitverfolgen und somit seine ganz persönlichen "Schwachstellen" herausfinden. In diesem Zusammenhang gibt es auch den Ausdruck des "Voraushörens": versuche also in diesen Übungen den Ton, den du gleich spielen willst, vorher schon in deinem Kopf zu hören. Wenn du dich jeden Tag ca 5 bis 10 Minuten mit diesen oder ähnlichen Intonationsübungen beschäftigst, dann solltest du dein Instrument bald relativ sicher im Griff haben.

Die Intonation im Ensemble

Auch im Saxophonsatz ist das genaue Hören der entscheidende Faktor für eine gute Intonation und damit für einen guten Ensembleklang. Natürlich sollte zu Beginn einer Probe oder eines Konzerts erst einmal jedes Saxophon gestimmt werden. Dies kann mit einem Stimmgerät geschehen oder auch mit einem anderen Instrument, das genau stimmt, zum Beispiel einem Klavier oder Keyboard.
Danach ist es sehr hilfreich, wenn einmal der komplette Saxophonsatz den gleichen Ton spielt (zum Beispiel den Stimmton). Hierbei sollter Saxophonist einmal auf den Zusammenklang des Satzes hören. Jetzt einmal den gleichen Ton in einer anderen Oktave und dabei genau hören, ob es jetzt immer noch stimmt. Oder zum Beispiel die Tenorsaxophone in der unteren Lage, die Altisten eine Oktav höher. Hier kann es schon leicht passieren, dass die Altsaxophone dazu neigen, etwas zu hoch zu klingen, die Tenöre evtl etwas zu tief. Alle Saxophonisten sollten dabei immer genau darauf hören, ob ihr Zusammenklang wirklich homogen ist.
Danach könnte man im Saxophonsatz einmal einige Dreiklänge und Akkorde ausprobieren. Dies können zum Beispiel Schlussakkorde oder einzelne langsame Passagen aus einem Konzertstück sein. Und auch hier sollte wieder jeder Saxophonist ganz genau auf den Gesamtklang des Saxophonsatzes achten.

"Der Wetterbericht" - Saxophonspielen bei allen Temperaturen

Kommen wir aber abschließend noch zu einem weiteren Problemen: Die Intonation ist sehr stark Temperaturabhängig!
Das geht soweit, dass ein einfaches Einstimmen vor dem Konzert nicht ausreicht. Haben wir uns (bzw. das Saxophon) erst einmal eine Weile warm gespielt (und hier ist "warm" wörtlich gemeint), so hat sich auch das Tuning schon wieder verändert. Auch hier hilft wieder nur ständiges Mithören beim Spiel.Ein großes Problem, mit dem sich gerade Orchester aus dem Blasmusikbereich oft herumschlagen müssen ist die Tatsache, dass Veranstaltungen zuweilen draußen und zwar zu jeder Jahreszeit und bei allen Temperaturen stattfinden. Beim Konzert auf dem Weihnachtsmarkt ist das Saxophon womöglich so tief, dass man das Mundstück komplett auf den Kork drehen muss und erreicht immer noch nicht die richtige Höhe. Meine höchsten Temperaturen hatte ich persönlich bei einer Tournee mit dem Circus Roncalli. An manchen Tagen im Sommer hatten wir mehr bis zu  54 Grad auf der Musikerbühne, mein Mundstück hing nur noch "labberig" am Rand des S-Bogens und trotzdem war mein Saxophon gnadenlos zu hoch.Also mein Tipp: immer die Ohren aufsperren und weiterhin viel Spaß beim Saxophonspiel,

euer

Dirko Juchem