Die wohl größten Mysterien, Geschichten und Spekulationen ranken sich um das Thema Einspielen - Warmspielen auf dem Blechblasinstrument. Im Endeffekt ist es so, dass jeder Blechbläser seinen eigenen Weg des Einspielens finden muss. Damit das ganze jedoch in ordentlichen Bahnen läuft und man nicht Opfer irgendwelcher Stories wird, sollte man einige grundsätzliche Fakten wissen. Wenn man sich mit dem Thema beschäftigt, trifft man auf viele Ratschläge, von denen beim näheren durchleuchten einige sehr fragwürdig erscheinen.
Da hört man z.B. solche Sachen wie "... ein Sportler muss sich auch aufwärmen". Was das Trompete spielen jedoch mit Sport zu tun hat, dass konnte mir noch keiner wirklich beantworten. Meist hört man: "Da müssen Muskeln warm gemacht werden!" Beim Sport kann ich das durchaus verstehen, so ein Oberschenkelmuskel hat schon eine ganz gute Größe und es benötigt eine Weile bis er ausreichend durchblutet ist, aber beim Trompete spielen? Welche Muskeln müssen da überhaupt warm gemacht werden? Welche Muskeln werden da überhaupt eingesetzt?
Die Lippenmuskulatur, klar, vielleicht noch die Atemmuskulatur, und welche Muskulatur sonst? Die Atemmuskulatur benutzen wir eigentlich ununterbrochen, vielleicht nicht ganz so einsatzfreudig wie beim Blechblasen, aber sie ist trotzdem ständig in Aktion. Natürlich wird das aktive Ausatmen, so wie wir es beim Blechblasen praktizieren, beim "normalen" Atmen im täglichen Leben eher nicht so eingesetzt, aber trotzdem ist da nicht viel warmzumachen. Und die Lippenmuskulatur erscheint mir, verglichen, z.B. mit der Oberschenkelmuskulatur, relativ klein. Um diese auf "Betriebstemperatur" zu bringen genügt eigentlich schon ein kurzes "Horseflapping", dabei werden die Lippen so durchmassiert, dass das Blut hineinschießt. Die Zunge setzen wir noch beim Blechblasen ein, doch was muss da warm gemacht werden? Ach, die Finger werden beim Blechblasen, auf alle Fälle wenn man ein Ventilinstrument spielt, noch benutzt, muss man die warm machen?
Ich sehe darum das Einblasen unter einem anderen Gesichtspunkt als dem des "Warmmachens" von Muskulatur. Wie bereits gesagt, Muskeln aufzuwärmen brauchen wir beim Blechblasen in erster Linie nicht. Das Einblasen hat für mich eine andere Bedeutung.
Das tägliche Ausatmen ist kein aktives Ausatmen, so wie beim Blechblasen, sondern unser Lungen leeren sich durch das entspannen von Muskeln. Unsere Lippen haben im "normalen" Leben nie so eine Arbeit zu erledigen wie beim Blechblasen. Auch die Zunge arbeitet im täglichen Bedarf nicht unbedingt gleich wie beim Blechblasen.
Wenn die Funktion der Lippen, der Atmung und der Zunge beim Blechblasen sich so von ihrer täglichen Anwendung unterscheidet, heißt das wir müssen diese drei Funktionen wieder auf die Arbeit beim Blechblasen ausrichten und das Programm "Blechblasen" in den Arbeitsspeicher "hochladen". Das heißt, das motorische Gedächtnis muss wieder die motorischen Abläufe der drei Funktionen abrufbereit machen.
Viele Blechbläser würden es wohl so ausdrücken: "Ein Gefühl für den Ton zu bekommen". Ich glaube nicht das man einen exakten Zeitabschnitt festlegen kann, den ein Spieler braucht um die Funktion "Blechblasen" wieder abrufbereit zu machen oder anders gesagt, das Gefühl wieder für die Töne zu erlangen. Das wird von Mensch zu Mensch verschieden sein und von vielen Faktoren abhängen. Ein weiterer großer Punkt für das Einblasen ist die eigene Gefühlslage: "Ich fühle mich wohl - ...auch heute geht’s - ...ich bin gut drauf."
Das erste Ansetzen entscheidet über das weitere Spielen. Hier jetzt auf weitere Faktoren einzugehen würde den Rahmen des Artikels sprengen. Darum möchte ich gerne zum Abschluss ein paar Möglichkeiten zum Einspielen aufzählen.
Hierbei gibt es bereits ein paar gut Übungen, sich ohne Instrument vorzubereiten. Ob und inwieweit sich jemand damit beschäftigt bleibt jedem selbst überlassen.
-Das bereits genannte "Horseflapping" ist eine gute Möglichkeit seine Lippenmuskulatur auf "Betriebstemperatur" zu bringen.
-Mit "buzzing" oder "summen" kann man seine Lippen bereits auf den motorischen Ablauf, den die Lippe beim Blechblasen machen soll, vorbereiten.
-Möglichst tiefes Einatmen und aktives Ausatmen kann man ganz einfach ohne Instrument üben.
Übungen mit Instrument, die ich für das Einspielen bevorzuge.
"Breath attack" ist eine Übung von mir, um das aktive
Ausatmen und die Lippenfunktion miteinander zu verknüpfen. Weiterhin trainiert es die Zunge.
Video zur Übung ansehen
Mit Tonleiter- oder Glissandoübungen kann man das Zusammenspiel von Atmung, Lippen und Zunge ideal trainieren.
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Es ist meines Erachtens durchaus sinnvoll, das Einblasen im mittleren Bereich der Trompetenlage zu beginnen, da sich der Körper auf die Lage in der man sich einspielt auch körperlich einstellt. Das soll heißen, bei einer höheren Lage muss der Körper aktiver sein als bei einer tiefen Lage. Auf das tiefe und eher gemütlichere Spiel stellt sich der Körper ein und man hat dann Schwierigkeiten in die Höhe zu kommen.
Wer gerne die vorgeschlagenen Beispiele sehen möchte, hat die Möglichkeit sich diese als Video auf der jupiter.info Seite anzuschauen. Dort gibt es drei Videos auf denen die verschiedenen Übungen erklärt werden.
In diesem Sinne viel Spaß beim Trompete spielen.
Euer