Im nachfolgenden Bericht sollen die Zusammenhänge des Blechblasens durch eine Verknüpfung von Theorie und Praxis beleuchtet werden. Denn nur wer weiß, was er tut, kann dieses Tun gezielt kontrollieren und Probleme punktgenau behandeln. Abstrakt formuliert kann man sagen, dass die Kunst des Blechblasens darin besteht, die richtige Tonhöhe in der gewünschten Lautstärke zum richtigen Zeitpunkt präzise hervorzubringen.
Auf unseren Ansatz bezogen bedeutet dies, dass wir Kontrolle über die Schwingung unserer Lippen herstellen müssen in Bezug auf Schwingungszahl (Herz / Tonhöhe) und Intensität (Lautstärke), sowie deren pünktliche Abrufbarkeit. Erinnern wir uns an unseren Physikunterricht in unserer Schulzeit. Nur ungern?
Wir war das noch mit der Zunahme der Schwingungszahl? Ja richtig: da gab es doch die Frequenz und die Amplitude. Die Tonhöhe steigt an mit zunehmender Frequenz der Schwingung. Man sagte dazu: Frequenzmodulation.
Wenn der Ausschlag einer Amplitude größer wird, steigt die Intensität des Tones; der Ton wird lauter (Amplitudenmodulation). Stellen wir uns nun unsere Lippen vor. Damit unsere Lippen schneller schwingen, blasen wir schneller Luft durch unsere Blasöffnung. Die Lippe schwingt schneller und der Ton steigt an. Was aber tun bei einem crescendo mit gleichbleibender Tonhöhe? Die Schwingungszahl der Lippen steigt zunächst einmal an und der Ton ebenso. Wenn der Ton jedoch lauter, die Tonhöhe aber beibehalten werden soll, so darf nur die Amplitude (die Auslenkung meiner Lippen) größer werden, sodass pro Auslenkung der Lippe mehr Luftmenge durchgelassen wird, ohne dass die Frequenz (Schwingungszahl) der Lippen ansteigt. Hierzu muss die Mundhöhle geöffnet und die Lippen leicht entspannt werden, damit der Luftdruck der gleiche bleibt und die Lippen sich weiter auslenken, wohlgemerkt bei gleicher Schwingungszahl. Dadurch kann mehr Luft pro Lippenschwingung durchströmen, ohne dass die Frequenz ansteigt.
Eine grundlegende Übung hierzu ist das sorgsam ausgezählte crescendo und decrescendo auf einem Ton. Sie ist eine der wichtigsten Basic- Übungen zur Tonkontrolle und erfordert eine gute Körperbeherrschung. Die Stütze und die Einstellung des Ansatzes müssen gut aufeinander abgestimmt werden.
Synchronisation ist das kontrollierte Zusammenspiel mehrerer Komponenten. Bei Tonhöhenveränderungen in die Höhe, also durch Frequenzmodulation, muss der Luftfluss kontrolliert gesteigert werden. Dies geschieht
1. durch Verkleinerung der Mundhöhle (Zungenwölbung wandert Richtung Gaumen hoch),
2. verstärktem Luftstrom durch Nachschieben der Luft aus dem Zwerchfell und
3. Verkleinerung der Blasöffnung.
Eine Grundübung hierzu ist das Glissandospiel auf dem Mundstück. Wichtig ist auch hier die richtige Dosierung der einzelnen Komponenten. Oft wird eine einzelne Komponente beim Übung in den Fokus gestellt und die anderen werden falsch dosiert. Nur durch Ausprobieren kann die richtige Mixtur der Dosierung erreicht werden. Denken Sie also bitte daran, dass erst die richtige Kombination aus:
1. Nachschieben der Luft (Stütze)
2. Verkleinerung der Mundhöhle durch die Zungenwölbung
3. Verengung der Blasöffnung
den Schlüssel zum Erfolg liefert. Die Arbeit mit Übungen über weite Distanzen erfordert große Veränderungen und macht diese dadurch deutlicher.
Die Güte eines Tones wird am besten hörbar durch das Spiel mit dem Mundstück ohne Instrument. Jede Tonunreinheit wird unverblümt deutlich. Auch das Spiel mit dem Instrument gegen eine glatte Wand lässt Unreinheiten deutlich hörbar werden. Ich verweise hier auf meinen Redaktionsbericht "Selbstdiagnose und Kontrolle bei Blechbläsern" im Kapitel "Zur Tonqualität".
Was läuft denn falsch bei unerwünschten Nebengeräuschen im Ton?
Beispiel Luft im Ton: hier bleibt kurzzeitig die Lippe stehen (offen), bis sie weiter schwingt. Es handelt sich hier um Blockaden durch muskuläre Verspannung oder haltungsbedingte Ansatzschwierigkeiten.
Beispiel Nebengeräusche: in solchen Fällen handelt es sich oft um Verspannungen der Ober- oder Unterlippe. Beide schwingen nicht in der gleichen Schwingungszahl, sondern unterschiedlich schnell, sodass ein Missverhältnis entsteht. Erst das kontrollierte Entspannen und Herstellen des Gleichgewichtes des Mundstückdruckes auf Ober- und Unterlippe bringt die Tonqualität wieder ins Lot.
Folgender Grundsatz ist an dieser Stelle stets zu beachten: die Unterlippe nimmt den Hauptteil des Mundstückdruckes ab, damit die Oberlippe locker und frei schwingen kann.
Eine korrekte Kieferstellung ist wichtig, damit Ober- und Unterlippe homogen miteinander schwingen können.
Sehr unterstützend ist hier der "VarioLipTrainer", der Ansatz- und Kieferstellung, sowie die muskuläre Ausdauer der sog. perioralen Muskulatur (= ringförmige Lippenmuskulatur, die am knöchernen Gesichtsskelett verankert ist) nachhaltig und erwiesenermaßen trainiert und korrigiert. Abhilfe kann hier auch das Trainings-Mundstück "flexibrass" schaffen. Bei diesem wird der Druck auf die Lippen automatisch korrigiert.
Eine sehr gute Übung ist auch das bewusste Herbeiführen eines Nebengeräusches oder einer Verkrampfung, um so die Art des Fehlers zu erlernen. Dies stellt eine wichtige Verfahrensweise zur Selbstdiagnose dar.
Wer verbessern möchte muss experimentieren und wissen, was falsch gemacht wird und wie es korrekt gemacht werden muss. Die Selbstkontrolle ist der einzige Weg zum Erreichen der hohen Kunst des Blechblasens. Geben Sie nicht auf, sondern gehen Sie den Weg des kontrollierten Übens.
Viel Erfolg und vor allem viel Spaß mit der Musik!