High Notes auf dem Saxophon

Einleitung

Nachdem in dem letzten Profitipp gegen den Frust beim Saxophonspielen (Teil 2) das Thema Saxophon und Technik behandelt wurde, soll heute das hohe beziehungsweise höchste Register behandelt werden: die Flageolett Töne oder "High Notes". Genau wie das "Growl" stellen die "High Notes" ein wesentliches Element des zeitgenössischen Saxophonsounds dar. Und seit Erfindung des Rhythm’n’Blues gibt es kaum ein Saxophonsolo, das ohne "High Notes" als "High-Light" auskommt.
In diesem Profitipp möchte ich zeigen, wie mithilfe der natürlichen Obertöne die "höchsten" Weihen des Saxophonspiels erlangt werden können.

Obertöne

Wenn mit dem Saxophon ein Ton erzeugt wird, ist idealerweise der gegriffene Ton in der entsprechenden Lage (Oktave) zu hören. Der  Ton ist z. B. mithilfe eines Stimmgerätes genau zu identifizieren: beispielsweise ein klingendes a"˜ = 440 Hz.
Gleichzeitig klingen zum gegriffenen Grundton (Fundamentalton) aber weitere Obertöne (Partialtöne) mit. Dieses Obertonspektrum ist unter anderem dafür verantwortlich, dass ein Saxophon wie ein Saxophon klingt und nicht wie ein Sinustongenerator. Der erste Oberton auf dem Saxophon ist leicht zu finden, wenn z. B. gegriffene Töne der unteren Oktkave, durch zu starken Ansatz oder zuviel Luftdruck und ohne die Oktavklappe zu benutzen, eine Oktave höher klingen. Nun lässt sich aber nicht nur die Oktave des gegriffenen Tons durch entsprechenden Ansatz und Atmung erzeugen. Mit etwas stärker zentriertem Ansatz sowie stärkerer Beschleunigung und Fokussierung des Luftstroms zum Blatt, lassen sich weitere, höhere Töne, bei gleichem gegriffenen Ton erzeugen.
So wie der erste Oberton, der dem zweiten Partialton entspricht, eine Oktave über dem Grundton liegt, liegt der zweite Oberton eine Quinte über dem ersten Oberton, der Oktave zum Grundton. Der nächste Oberton entspricht der zweiten Oktave des Grundtones, darauf folgt eine kleine Terz. Die genaue Abfolge der Intervalle der natürlichen Obertöne kann den folgenden Beispielen entnommen werden. Unabhängig vom Grundton ist die Abfolge der Intervalle immer gleich. Die Beispiele sollen weiterhin als Orientierungshilfe für die im weiteren Verlauf des Workshops folgenden Übungen dienen.

Grundüberlegungen zu Obertonübungen

Übungen mit den natürlichen Obertönen sind Voraussetzung für das kontrollierte Spiel mit den High Notes. Aber diese Übungen sind auch hervorragend dazu geeignet Ansatz und Gehör zu trainieren. Dazu die folgenden Hinweise:
1. Die Obertöne zu einem Grundton werden immer mit dem gleichen gegriffenen Grundton gespielt. Das bedeutet, dass die Obertöne auschließlich mit Ansatz und Luftstrom erzeugt werden müssen.
2. Der Ansatz sollte fest und zentriert sein, das Mundstück aber nicht mit dem Blättchen zuquetschen. Wo keine Luft mehr strömen kann, kann auch kein Ton erzeugt werden. Die folgenden schematischen Darstellungen sollen die unterschiedlichen Lippenpositionen darstellen:

3. Der Luftstrom am Blättchen wird nicht nur durch den Ansatz beeinflusst, sondern auch durch die Form der Mundhöhle und die Position der Zunge.
Dies ist der wichtigste Aspekt bei der Erzeugung der Obertöne. Während der erste Oberton, die Oktave, und vielleicht noch der zweite Oberton, die Quinte in der Oktavlage, durch alleinige Ansatzverstärkung erzeugt werden können, wird dies bei den höheren Obertonlagen nicht mehr funktionieren. Der weiter verstärkte Ansatz lässt irgendwann nicht mehr ausreichend Luft am Blättchen vorbeiströmen. Dementsprechend benötigen die weiteren Obertöne Unterstützung durch eine Veränderung der Mundhöhle. Die muss dazu geeignet sein, die Strömungsgeschwindigkeit und die Menge der Luft am Blättchen so zu erhöhen, dass die höherfrequenten Obertöne erreicht werden können.
Relativ leicht lässt sich die Position der Mundhöhle durch die imaginäre Bildung von Vokalen beeinflussen: wenn z. B. ein "F" in der unteren Oktave gespielt werden soll, stellt man sich vor einen Laut, der zwischen "A" und einem offenen "O" (wie in "offen") liegt, zu singen. Für das "F" in der Oktavlage stellt man sich ein "E" oder "I" vor. Für das höchste gegriffene "F" stelle man sich dann vor einen "CH"- Laut wie in "Ach" oder "Echt" zu singen.
Je höher die Töne werden, desto weiter verschiebt sich der "CH"-Laut Richtung "Ich" wobei das "I" immer spitzer wird und die Zunge weiter vorne im Mund gegen den harten Gaumen bewegt wird.
Gleichzeitig muss der Schlund, der Rachen und der hintere weiche Gaumen offen und locker bleiben, damit die Luft nicht schon vor der durch Zunge und harten Gaumen erzeugte "Düse" gebremst wird. Auch eine entsprechende Unterstützung der Rumpfmuskulatur ist beim Ausblasen der Luft erforderlich, um einen ausreichenden und kontrollierten Luftstrom aufrecht zu halten.

Obertonübungen 1 - 3

In der folgenden ersten Obertonübung werden die ersten drei Töne der natürlichen Obertonreihe gespielt. Gegriffen wird dabei jeweils nur der Grundton. Alle Töne in den folgenden Übungen sollten angestoßen (portato) gespielt werden.

Obertonübung 1

Tipp: Wenn sich der dritte Ton der Obertonreihe noch störrisch zeigen sollte, kann es hilfreich sein, diesen Ton zunächst mit dem richtigen Griff zu spielen, genau zu hören, um den entsprechenden Ton dann in der richtigen Lage zu singen. Bei Männerstimmen kann der Ton schon in der Kopfstimme liegen, sollte aber auch da noch einfach zu singen sein. Wichtig ist die korrekte Intonation, deshalb immer nochmal mit dem korrekt gespielten Ton vergleichen.
Dann nochmal, mit dem Gefühl des gesungenen Tones, den Oberton anspielen.
Grundsätzlich muss darauf geachtet werden, dass die Intonation der Obertöne korrekt ist und das die Töne stabil sind. Diese Übung sollte regelmäßig und mit vielen Wiederholungen gemacht werden. Die nächste Obertonübung erweitert das Tonspektrum um einen weiteren Oberton.

Obertonübung 2

Obertonübung 3

Für den sicheren Umgang mit den Obertönen sorgt die dritte Übung:

Viel Spaß mit diesen Basisübungen zu Obertönen. In der nächsten Folge sollen diese Übungen erweitert und die Verbindung zu den Highnotes aufgezeigt werden.