Gegen den Frust beim Saxophonspielen Teil 1

Einleitung

Aus eigener Erfahrung kenne ich die Situation:
Man spielt schon eine ganze Weile mit Begeisterung Saxophon, hat vielleicht sogar schon erste erfolgreiche Auftritte absolviert und dann kommt dieser bekannte Saxophonist und spielt sein Saxophon so, als ob es ein anderes Instrument sei. Was ist da los???
In dieser Workshopreihe soll dem fortgeschrittenen Saxophonisten über die Elemente Instrument, Sound und Technik in drei Teilen systematisch aufgezeigt werden, welche Faktoren das Saxophonspiel beeinflussen, wie man Fehler analysiert und schließlich gezielte Übungsanregungen gegeben werden. Heute geht es mit dem Instrument los:.

Das Saxophon

Zum Saxophon spielen benötigt man ein Saxophon - so viel ist klar. Zum guten Saxophon spielen benötigt man ein gutes Saxophon - auch richtig. Aber was ist ein gutes Saxophon? Ein gutes Saxophon ist ein Saxophon, das funktioniert: Die Intonation ist im akzeptablen Bereich (kein Saxophon stimmt ganz genau), alle Töne sprechen an - es ist also "dicht" und die Klappenanordnung verursacht keine Angstzustände. Ein gutes Saxophon ist also nicht zwangsläufig ein teures, altes, neues oder seltenes Saxophon! Ein guter Saxophonist wird auch auf einem billigen Schülerinstrument als guter Saxophonist erkennbar bleiben!
Um das zu verstehen sollte man sich klar machen, wie das Instrument aufgebaut ist, vor allem aber welche Bedeutung den einzelnen Komponenten zukommt:

Das Saxophon als Instrument besteht aus:    

-    Mundstück mit Rohrblatt
-    Hals (S-Bogen)
-    Korpus

Mundstück und Blatt beim Saxophon

Den größten Einfluss auf den Klang und die Dynamik des Saxophons hat wohl die Kombination aus Mundstück und Blatt. Hier wird der Ton durch das schwingende Rohrblatt erzeugt. Grundsätzlich hat das Material des Mundstücks nur einen untergeordneten Einfluss auf den Klang und die Spielbarkeit des Mundstücks. Entscheidende Einflussgrößen sind:

Öffnung an der Spitze des Mundstücks
Ein offenes Mundstück erfordert einen stärkeren Ansatz als ein enges Mundstück. Es erlaubt einen größeren Dynamikumfang und erleichtert die Modulation des Tons. Nachteil: man benötigt mehr Luft, eine gute Stütze und die leichtere Modulationsmöglichkeit kann auch in Intonationsproblemen münden.

Bahnverlauf
üblicherweise korrespondiert der Bahnverlauf mit der Öffnung des Mundstücks. Ein Mundstück mit großer Öffnung weist meist auch eine längere und weniger stark gekrümmte  Bahn auf. Das lässt sich jedoch nicht verallgemeinern und hängt stark von der Philosophie der Mundstückhersteller ab. Hier muss man testen, was persönlich am geeignetsten erscheint.

Einlauf (Gegenwand/Baffle) und Kammer des Mundstücks
Entscheiden über den Grundsound. Generell kann man sagen, dass eine enge Kammer und ein flacher Einlauf (hohe Gegenwand) einen härteren, obertonreicheren Klang erzeugt und ein Mundstück mit großer Kammer und hohem Einlauf (flachere Gegenwand) einen eher dunkleren Grundton hat. Hier ein Beispiel für ein Mundstück mit großer Kammer:

Das Saxophonblatt
Saxophonblätter werden für gewöhnlich aus Rohrholz gefertigt, mittlerweile gibt es aber auch mehrere Hersteller von synthetischen Blättern. Saxophonblätter werden in unterschiedlichen Stärken angeboten. Tendenziell würde man auf offenen Mundstücken eher leichtere/dünnere Blätter und auf engen Mundstücken eher schwerere/dickere Blätter spielen. Saxophonblätter müssen eingespielt werden, damit sie eine gewisse Elastizität erhalten. Dafür müssen sie auch angefeuchtet werden. Das kann durch Wässern geschehen - ich persönlich lutsche einfach darauf herum. Die Lebensdauer eines Blättchens ist immer unterschiedlich und abhängig vom Material, Spielweise und -intensität und auch der Pflege des Blättchens. Ein Blatt, das nach dem Spiel sorgfältig gereinigt in ein passendes Aufbewahrungsbehältnis gepackt wird, hält sicherlich länger als eines das sein ganzes Leben am Mundstück verbringt.
Sehr ratsam ist es, immer mehrere Blätter parallel zu spielen. Das Blättchen wird mit der Zeit durch das Spielen "leichter", d. h. dass auch der Ansatz unmerklich immer leichter wird. Spannt man dann ein neues Blatt auf erscheint dies als "schwer" zu blasen - der Ansatz muss erst wieder daran gewöhnt werden. Diese Entwicklung lässt sich herauszögern in dem man immer mehrere Blätter abwechselnd spielt.
 

Hals und Korpus des Saxophons

... gehören eigentlich zusammen und bilden das, was gemeinhin als Saxophon wahrgenommen wird. Zusammen stellen sie die sogenannte Schallröhre dar. Durch diese und die darauf angeordneten Tonlöcher werden, unter Anderem, die unterschiedlichen Tonhöhen definiert.

Die wesentliche Bedeutung des Saxophonkorpus liegt:

a) in der sauberen Intonation und Trennung der Töne durch entsprechende Anordnung und Dimension der Tonlöcher und Mensur des Korpus. Auch die richtige Einstellung der Klappenaufgänge hat einen wichtigen Einfluss auf die Intonation des Instrumentes. Sollten sich bei eine Überprüfung der Intonation des Instrumentes einzelne Töne als "Ausreißer" zeigen, so ist möglicherweise durch eine Korrektur der Klappenaufgänge noch Abhilfe zu schaffen.

b) in einer ergonomischen Anordnung der Applikatur, die ein entspanntes Betätigen der Tasten ermöglicht.

c) leider auch in der größten technischen Fehlerquelle, den nicht deckenden Polstern.

Dem Grundsatz: "je näher am Tongenerator (Mundstück), desto stärker die Wirkung" folgend, kann sich eine Modifikation des S-Bogens durchaus spürbar auf Klang, Ansprache und/oder Intonation des Instrumentes auswirken.
Beim Korpus ist der Einfluss von Material und Oberflächenbehandlung auf den "Sound" des Saxophons im Vergleich zum Einfluss von Mundstück und Blatt eher untergeordnet und oft nur im direkten A/B Vergleich festzustellen. Das bedeutet nicht, dass es keinen Einfluss gibt, insbesondere die Materialstärke und unterschiedlichen Materialien können sich auf Klang und Ansprache auswirken, allerdings nicht so stark wie z. B. ein zu leichtes oder zu schweres Blättchen.

Tipps und Tricks und eine Übung

Ob eure Mundstück/Blatt Kombination grundsätzlich brauchbar ist, lässt sich leicht herausfinden, wenn Ihr nur mit dem Mundstück einen Ton erzeugt. Dieser sollte laut und leise und in unterschiedlichen Tonhöhen gespielt werden können.
Wenn Ihr nur mit dem Mundstück z. B. "Alle meine Entchen" spielen könnt, seid Ihr auf jeden Fall auf der sicheren Seite!

Neues Blatt?
Wenn mit der gewählten Mundstück/Blatt Kombination bestimmte Soundvorstellungen nicht verwirklicht werden können, kann man experimentieren. Es empfiehlt sich jedoch, immer nur einen Parameter zu einer Zeit zu ändern. Ich rate dazu zunächst mit dem alten Mundstück andere/neue Blätter mit anderen Stärken und durchaus auch von anderen Herstellern auszuprobieren. Das ist allemal preiswerter als sich jede Woche ein neues Mundstück zu kaufen. Und Achtung! Die Qualität von Saxophonblättern variiert. Deshalb ist es gut möglich, auch mal ein Blatt zu erwischen, das nicht funktioniert: es klingt muffig oder quietscht. Deshalb immer eine ganze Packung kaufen und hoffen, dass möglichst viele Blättchen ok sind.

Neues Mundstück?
Wenn es ein neues Mundstück sein soll, kann es hilfreich sein herauszufinden, welches Mundstück denn der "Lieblingssaxophonist" mit dem "Lieblingssound" gespielt hat. In den allerseltensten Fällen wird dann genau das Mundstück die beste Wahl, aber immerhin eine gute Orientierung sein.
Grundsätzlich sollte man bei der Auswahl eines neuen Mundstücks ausführlich testen - auch mit unterschiedlichen Blättern und niemals ein Mundstück auf Anraten einfach über den Ladentisch kaufen!

Der Rest des Saxophons

Bevor dieses erste Kapitel "Das Instrument" beendet wird, muss allerdings noch der wichtigste Teil des Instrumentes erwähnt werden - der Mensch, der auf der anderen Seite des Mundstücks steht und den nötigen Luftstrom erzeugt um das Blättchen zum Schwingen anzuregen. Im Zusammenhang mit dem Instrument dient der Mensch auch als Resonanzkörper, der durch die Schallbrücke, die das Mundstück darstellt, einen erheblichen Einfluss auf den Klang des Instrumentes hat.

Bis zum nächsten Mal, wenn wir uns eingehend mit dem Thema "Sound" beschäftigen.