"Tonleitern muss man eben üben, jede Woche eine neue - und wenn es nicht klapp, dann musst Du eben in der nächsten Woche zwei üben!" Ich erinnere mich noch sehr gut an diesen Satz meines ersten Lehrers. Was für ein Stress - zumal ja die Tonleitern immer schwerer wurden, mit all diesen komischen Griffen...
Selbstverständlich übe ich auch mit meinen SchülerInnen Tonleitern! Doch ich hoffe, dass ich ihnen den Sinn dieses Trainings verständlich machen kann und sie sich mit meinen Tipps ihre eigenen Tonleiterübungen zusammenstellen. Denn nur, wenn wir wach und interessiert dabei sind, ist die "Tonleiterzeit" gut investiert.
Mit Tonleitern (und auch Dreiklängen, die heute nicht Thema sind) üben wir "Bewegungsabläufe auf Vorrat". Viele Passagen in Stücken bestehen aus Tonleiterabschnitten. Und auch für das Blattspiel sind diese abgespeicherten Bewegungen wichtig. Im Idealfall erkennen wir beim Lesen der Noten, um welche Tonleiter es sich bei einer Stelle handelt und können dann blitzschnell das entsprechende Bewegungsprogramm aktivieren. Wenn wir immer jeden einzelnen Ton lesen müssten, wäre schnelles Vom-Blatt-Spiel nicht möglich.
...wie Lesenlernen Das lässt sich mit dem Lesenlernen junger Kinder vergleichen: zuerst lesen sie einzelne Buchstaben und versuchen, diese zu einem Wort zusammenzufügen. Zunehmend gelingt es dann, die Buchstaben flüssiger aneinanderzureihen - bis irgendwann ein Blick auf die "Buchstabengruppe" ausreicht, um das Wort erkennen zu können
Die nachfolgenden Vorschläge lassen sich auf alle Tonleitern übertragen. Sie sollen als Beispiele dienen. Schaffe dir beim Zusammenstellen immer wieder neue Aufgaben-Kombinationen, damit Du Dich nicht langweilst. Wenn Du beim Üben daran denkst, was Du noch einkaufen musst oder wen Du noch anrufen wolltest, ist es dringend an der Zeit, für eine neue Herausforderung zu sorgen!
Bewegungen 'einmal durch die Flöte'
Längere Passage kann bedeuten: Kontrolliertere Luftführung oder schnelleres Tempo - damit die Luft bequem reicht.
Wenn Du innerhalb des Bewegungsablaufes die Notenwerte (und damit die Spielgeschwindigkeit) wechselst, kannst Du gut überprüfen, ob Du die Kontrolle über Deine Finger behältst. Wechsele auch die Taktart, indem Du zum Beispiel die Pause weglässt.
Wende diese Beispiele auf die Modelle von oben an.
Interessant ist der Wechsel zwischen Triolen und geraden Notenwerten. Achtung! Ganz gleichmäßige Triolen-Achtel - nicht Achtel plus zwei Sechzehntel! (...das wäre eine weitere Alternative)
Eine kleine Spielerei zur Übemotivation:
Lass das Schicksal entscheiden, welche Tonart heute dran ist! Wenn Du die Tonarten durchnummerierst, kannst Du mit einem Würfel entscheiden (lassen), welche Tonart Du spielst. Es gibt auch 12er Würfel!
Entscheide, ob Du nach jedem Takt eine Pause (also Atempause) einbauen möchtest - egal, welche "Taktart" dadurch entsteht - oder ob Du ohne Pause durchspielst und damit die schnell Atembewegung in Dein Training gleich mit einbaust.
In der nächsten Folge wird es um Tonleitertraining "auf engem Raum gehen" - denn bis dahin ist es bestimmt Zeit für eine neue Übeart ;)
Anhaltende Freude beim Training wünscht
Sandra Engelhardt