Meiner Erfahrung nach ist die Bewegung der Zunge einer der größten möglichen Störfaktoren bei der Klangbildung. Oder sagen wir lieber: störanfälligsten Faktoren. Wir können die Bewegung nicht sehen. Und allein schon die Vorstellung der Bewegung ist irgendwie seltsam. Obwohl wir die Zunge ja im Alltag ständig bewegen fällt es enorm schwer, sie bewusst zu bewegen. Und vielleicht muss nicht „obwohl“ heißen, sondern „genau deshalb“.
Welche Position ist denn nun die Richtige? Tja, was soll ich sagen: das kommt darauf an! Sicher gibt es eine (anatomisch) günstige Ausgangsposition, aber schon die Frage, an welchem Punkt die Zungenspitze genau stoßen soll, lässt sich nicht absolut beantworten. Vielmehr hängt es davon ab, wie weich oder hart ich stoßen möchte, wie schnell sich die Zunge bewegen muss. In welcher Oktave ich spiele, kurze oder lange Töne, laut oder leise, tenuto oder staccato…ach, wenn es doch nur so einfach wäre!
Im entspannten Zustand ist die Zunge tatsächlich ein „dicker Klumpen“, der den gesamten Mundraum bis zum Gaumen ausfüllt. Also suchen wir nach einer Vorstellung, einer Idee für eine bewegungsbereite Position: aktiv, nicht angespannt, anatomisch sinnvoll. Eine Studentin hatte von Ihrer vorigen Lehrerin für diese Position die Vorstellung mitgebracht, dass die Zunge im Mundraum so liegt wie bei dem Wort „jede“. Die Zunge liegt breit im Mund, die Seiten zwischen den leicht geöffneten Zähnen bewegen sich bei diesem Wort nicht, die Zungenspitze ist aktiv und beweglich, der Zungengrund locker. Eine wunderbare Hilfe!
Probieren Sie es aus:
Folgender Ausgangs-Gedanke: Die Artikulation ist engstens mit der Luftführung verbunden. Erst, wenn ich mit der Luftführung bewusst umgehen kann, ist nach meiner Erfahrung ein intensives, differenzierendes Zungentraining sinnvoll. Zudem ist (bei schnelleren Passagen) die Koordination Finger-Zunge ein wichtiges Übe-Thema.
Doch beginnen wir mit dem Zusammenspiel Luftführung – Zungenbewegung.
Dabei können zwei grundsätzliche Spielarten unterschieden werden:
In diesem Praxisbericht soll es zunächst um die Bewegung „in der Luft“ gehen.
Ich habe häufig beobachtet, dass bei Flötenden die Zungenbewegung die Luftabgabe kontrolliert bzw. dass selbst im tenuto der Luftstrom unterbrochen wird, wenn die Zunge sich bewegt. Das bedeutet, vereinfacht gesagt, dass irgendwann abgespeichert wurde, dass die Zunge Impulsgeberin für die Luft ist. Dies tritt deutlich hervor, wenn dieses non-legato auf einem Ton gespielt wird.
Testen Sie daher Ihren bewussten Umgang mit folgender Übung:
Wenn Sie ein sicheres Gefühl für das Zusammenspiel Zungenbewegung – Luftführung bzw. deren relative Unabhängigkeit voneinander haben, nehmen Sie als neuen Aufmerksamkeitspunkt die Fingerbewegung dazu.
Sandra Engelhardt trat im Frühjahr 2015 mit der Veröffentlichung ihrer Unterrichtskonzeption "Wir flöten QUER!" (Breitkopf & Härtel, Wiesbaden) an die flötenpädagogische Öffentlichkeit.
Die diplomierte Instrumentalpädagogin und Flötistin unterrichtet an der Musikschule der Stadt Langenhagen. An der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover lehrt sie Flöte im Haupt- und Nebenfach und leitet das Seminar "Didaktik des Flötenunterrichts". Ihre Tätigkeit als Fortbildungsdozentin rundet die Beschäftigung mit den verschiedenen Ebenen der Instrumentalpädagogik ab.
www.wirfloetenquer.de